Vor einem Jahr

Vor einem Jahr

war ich dabei, mein Auto zu beladen und mich auf in Richtung Regensburg zu machen. Mit sehr gemischten Gefühlen, aber auch mit etwas Vorfreude auf den Job und das Ungewisse, was mich da in Regensburg erwartete. Die Stadt kannte ich schon ein bißchen, weil ich im Juni 2013 mit meiner Mutter dort war und auch an dem Tag des Vorstellungsgespräches noch Zeit für einen Stadtbummel hatte.

Und doch war es ein Wagnis… so weit weg von meiner Familie, von Freunden, meinem geliebten Hamburg. Aber ich war auch ein bißchen abenteuerlustig und so bin ich zwar heulend in Hamburg losgefahren, aber eben auch mit Vorfreude auf das Neue.dsc_0270Die erste Zeit in Regensburg war nicht einfach, zumal meine Unterkunft heftigst war und richtig ankommen konnte ich erst, nach dem ich umgezogen bin und bei ganz lieben Menschen gewohnt habe, mit denen mich heute noch eine Freundschaft verbindet.

10 Monate weg von zuhause erschien erstmal unendlich lange, aber letztlich haben wir das Beste draus gemacht. Ich war viel in Bayern unterwegs, Martin hat auch das ein oder andere bei seinen Besuchen gesehen und so kann man es auch unter touristischen Gesichtspunkten durchaus als Bereicherung sehen. Und persönlich haben wir schon auch profitiert und auf manches noch mal einen anderen Blickwinkel haben können. Es war insgesamt eine gute Zeit, nicht zuletzt natürlich auch durch meine Arbeit, die mich sehr ausgefüllt hat und das nicht nur zeitlich.

Insofern war nach den Erfahrungen in Regensburg erstmal nicht schwer zu entscheiden, das ich nun nach Stuttgart gehe. Und doch ist hier alles anders…. mir gefällt die Stadt nicht, auch die Umgebung finde ich nur bedingt bereisenswert, zumal ich nicht wandere und stundenlang durch die Schwäbische Alb laufen mag. In Zukunft werde ich wohl eher weitere Ziele ins  Auge fassen wie den Bodensee, Freiburg und vielleicht sogar mal rüber bis nach Straßbourg.

Aber nicht nur, das hier das Leben sehr viel teurer ist, ich also auch etwas kürzer treten muß als in Regensburg, mir ist auch einfach ein bißchen die Abenteuerlust ausgegangen, ich mag irgendwie nicht mehr dauernd durch die Gegend gondeln, ich möchte einfach gerne wieder zuhause sein, mich nach langen Arbeitstagen auf mein Sofa mit Mann und Katzen kuscheln, gemeinsam kochen, einfach zuhause sein.

Aber das lässt sich heute abend realisieren, denn um 17:04 steige ich in den Zug nach Hamburg. Denn dank meiner neuen Bahncard 25 ist Bahnfahren tatsächlich günstiger, wenn man lange genug nach Angeboten sucht20140926_171439Irgendwann werde ich auch mit dem Auto fahren müssen, um Klamotten umzuschichten, aber für diese Fahrt ist es auf alle Fälle entspannter und ich bin in 5 1/2 Stunden in Hamburg. Das schaffe ich mit dem Auto nicht und auch nicht für schlappe 90 Euro hin zurück. Ich freue mich auf heimische Gefilde, die wir vor ziemlich genau 8 Jahren begonnen haben, uns gemeinsam zu schaffen. Es werden bestimmt 5 schöne Tage. Sonntag abend gegen 19:30 steige ich dann wieder in den Zug zurück, um gleich am Dienstag abend wieder nach Hamburg zu fahren und am Mittwoch zurück. Und wenn sich dieser Aufwand lohnt, dann wird sowieso bald alles anders ;-).

Und was Stuttgart angeht, irgendwie werde ich mir schon noch einrichten…. und ab Januar werde ich eh im Arbeitsstreß versinken und keine Zeit mehr haben, Trübsal zu blasen. Dann beginnt die heiße Phase und die wird nicht ohne, ich habe das ja in Hamburg erlebt.
Ich zitiere mal aus dem Buch Gebrauchsanweisung für Stuttgart:

Stuttgart ist nicht gerade eine Stadt, die die Menschen zum Hyperventilieren bringt. »Neulich war ich in Stuttgart … da ist es vielleicht schön! Diese verwinkelte Altstadt, diese lauschigen Plätze und schnuckeligen Cafés! Was für eine Atmosphäre! Ach, und diese offenen, kommunikativen Menschen mit ihrem entzückenden Dialekt, hängen überall ein -le hintendran. Das ist ja soo niedlich!« Nein, das wird man wohl eher selten hören. Das Stendhal-Syndrom – jener wahnhafte Zustand, in dem die Touristen in Florenz und anderen buchstäblich bezaubernden Metropolen ohnmächtig darniedersinken, weil sie von der Fülle an Kunst- und Kulturschätzen überwältigt werden, ist in Stuttgart gänzlich unbekannt. Der Marktplatz von Stuttgart sucht an Nüchternheit seinesgleichen. Die wenigen Altstadtgässchen, die vom Krieg verschont geblieben sind, beherbergen das Rotlichtviertel. Und was die Sprache angeht, so ermittelte das Institut für Demoskopie in Allensbach, dass Schwäbisch bei siebzehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland Aversionen auslöst. Tja.
»Das Schönste an Stuttgart ist die Autobahn nach München«, lautete der wenig schmeichelhafte und leider ziemlich bekannt gewordene Ausspruch von Ex-VfB-Star Thomas Strunz. In der Tat dürften sich Touristen und Zugezogene schneller in die bayerische Landeshauptstadt verlieben als ins spröde Stuttgart.
Stuttgart braucht Zeit. Es braucht Zeit, sich umzusehen in dieser Stadt, es braucht Zeit, sie kennenzulernen. Das liegt auch an der Topografie. Die Kessellage setzt die Rahmenbedingungen fest und zwingt zum stetigen Hinauf und Hinunter. Das ist mit dem Auto nervig, wegen der Staus und Parkplatzprobleme, mit dem Fahrrad schweißtreibend und zu Fuß zwar ganz wunderbar, denn Stuttgart ist grün und waldreich – aber das dauert. Und Zeit braucht es auch, sich einzuleben. Stuttgarter verbrüdern sich nicht am Kneipentresen wie etwa die Rheinländer.
In der Stadtbahn belauschte ich einmal zwei ältere Frauen, die sich offensichtlich nicht kannten.
»Sie sen abr au net vo Schduagerd«, sagte die eine.
»I ben vom Hohelohische, abr scho fuffzig Johr en Schduagerd«, antwortete die andere.
»Ond – hen Se sich gud eiglebt?«, fragte die erste Frau ehrlich interessiert.

 

Okay, meine Chancen schwinden….. 🙂

2 Gedanken zu „Vor einem Jahr

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